RISC OS oder wie es so wurde wie es heute ist.


Hier gibt es eine kurze Zeitreise in die Vergangenheit von RISC OS.
Im Jahre 1986 machte sich der englische Computerhersteller Acorn gedanken wie der Nachfolger der in Großbritanien sehr erfolgreichen BBC-Master-Computer aussehen könnte. Man überlegte eine Motorola 68000'er-CPU, wie im Amiga und Atari, oder vielleicht eine Intel x86-CPU einzusetzten. Beide CPUs wurden dann aber ob der unzureichenden Leistungen verworfen und man entschied sich dazu eine eigene CPU im RISC-Design zu entwerfen.

Bereits ein Jahr später wurde dann der Acorn A305 "ARCHIMEDES" vorgestellt. Dieser Computer enthielt eine ARM 2 CPU mit 8 MHz Taktfrequenz und 512 Kb Speicher. Als Betriebssystem kam "Arthur" zum Einsatz. Dieses ROM-basierte Singletask-Betriebsystem hatte eine Oberfläche, welche noch vollständig in compiliertem Basic geschrieben worden ist. Dennoch waren die Leistungsdaten beeindruckend und verwiesen auch Mainframes, welche ein Vielfaches kosteten, auf die Ränge. Der Archimedes, welcher ca. DM 7000,- kostete, wurde daher auch "die VAX des kleinen Mannes" genannt. Und so verwundert es nicht, daß dieser Computer in Großbritanien ein großer Erfolg wurde und schnell zum Standardrechner an den dortigen Schulen wurde.

Leider ignorierte Acorn die Bedeutung des europäischen Festlandes fast vollständig und so wurde der Archimedes dort nur von Freaks genutzt, die sich ihren "ARCHI" größtenteils selber in Großbritanien bestellt hatten oder einen der weinigen Acornhändler auf dem Festland kannten.

Kleine Frage nebenbei: Kennt noch jemand das alte Amiga- und Atarispiel "VIRUS" von David Braben? David Braben wurde von Acorn beauftragt ein Spiel zu entwickeln, welches das Potentzial des neuen Computers demonstrieren sollte. Und so entwickelte er "ZARCH", welches später ebend als Virus auf den Amiga und Atari portiert wurde. Diese Vorgehensweise nutzte Acorn schon bei der Einführung der BBC-Computer. Hier entwickelten David Brabben und Ian Bell den Klassiker "ÉLITE", welcher später auf so ziemlich jedes System portiert wurde.

Im Jahre 1989 erschien dann der Arthur-Nachfolger "RISC OS 2". Und wie Arthur, und alle nachfolgenden Versionen von RISC OS auch, ist es ROM-basierend. Allerdings beherrschte RISC OS nun kooperatives Multitasking und die Oberfläche war in Assembler geschrieben.

Ebenfalls 1989 erschien mit dem "A3000" der erste echte Heimcomputer mit RISC OS. Acorn hatte, um die Produktionkosten zu senken, verschiedene Komponenten, wie z.B. die Standardsteckplätze, eingespart und den Computer zusammen mit der Tastatur in ein Gehäuse gesteckt. Durch diese Maßnahmen kostete der A3000 ca. DM 1000,- und wurde in Großbritanien auch ein Erfolg, da nun Lehrer und Schüler, die ja oft einen Archi in der Schule nutzten, sich nun auch einen für zu Hause leisten konnten.

Übrigens: Aus "Acorn Risc Machines" wurde "Advanced Risc Machines". Acorn gründete ein Joint Venture mit Apple und VLSI um die Entwicklung und den Vertrieb von ARM-CPUs auf eigene Beine zu stellen. Heute ist Advanced Risc Machines an der Börse notiert und der größte Entwickler für Embedded-CPUs. Jedes Jahr werden mehr CPUs von ARM als von Intel hergestellt und verkauft.

1991 erschien dann "RISC OS 3". Neben einem optischen Aufputz unterscheidet es sich von RISC OS 2 dadurch, daß einige Anwendungen, welche früher auf Disketten waren, nun mit in das ROM gekommen sind. Darunter befinden sich neben dem Texteditor !Edit das Malprogramm !Paint sowie das Zeichenprogramm !Draw. Dies alles konnte nicht mehr in 512 Kb untergebracht werden, weshalb das ROM auf 2 Mb wuchs. Aber es gab auch andere Verbesserungen, so wurde u.a. das Multitasking und der Filer weiter verbessert.

Allerdings stellte RISC OS 3 höhere Anforderungen an die CPU. Da traf es sich gut, daß es mittlerweile den "ARM 3" gab. Und so stellte Acorn 1992 dann auch die neuen Computer "A540" und "R260" vor. Beide mit ARM 3 CPU, welche mit 25 MHz getaktet wurde und SCSI als Standard. Ferner konnten beide Modelle mit bis zu 16 Mb RAM und einer FPU ausgestattet werden. Der A540 war das Flagschiff und zielte auf den Grafik- und DTP-Sektor, wohingegen der R260 mit einem Acorn-eigenem UNIX namens RISC-X versehen wurde.

Natürlich waren diese beiden Modelle für den Consumerbereich aufgrund der Ausstattungsmerkmale und des daraus resultierenden Preises ungeeignet, und so kam 1992 der "A5000" auf den Markt. Auch der A5000 wurde mit dem ARM 3 ausgeliefert, konnte aber nur mit 4 Mb RAM (für die ganz Reichen auch mit 8 Mb ;) ) ausgestattet werden. Ferner wurde auf SCSI verzichtet. Als Betriebssystem diente RISC OS 3.1x.

Mit RISC OS 3.1x beschritt Acorn neue Wege. Erstmals wurde RISC OS in lokaliserten Versionen angeboten. So gab es eine deutsche Version, welche RISC OS 3.19 hies. Der Erfolg stellte sich denn auch prombt ein und der Absatz für Acorn-Computer auf dem Festland nahm, für die bescheidenen Verhältnise von Acorn, ungeahnte Dimensionen an. Der A5000 wurde der bis dato erfolgreichste RISC OS-Computer.

1993 erschienen dann noch die Nachfolger des A3000, der "A3010" und "A3020". Diese wurden mit einem "ARM 250" bestückt, welcher neben der eigentlichen CPU noch den Memory-Controller und die Sound- und Grafikeinheit enthielt.

Der A3010 zielte auf den Spielemarkt und wurde mit zwei Joystickports und TV-Anschluß ausgestattet. Der A3020 wiederum zielte auf den Schulbereich, wo er als preiswerter Client im Netzwerk eingesetzt werden sollte. Daher hatte er anstelle der Joystickports einen EcoNet-Anschluss.

Und zum Abschluss kam noch der "A4000", welcher auch mit einem ARM 250 ausgestattet war und die Lücke zwischen den 30x0 und dem A5000 schliessen sollte.

Hier eine Anmerkung: Den Sinn des A4000 habe ich nie verstanden. "Spieler" kauften den A3010 und "Poweruser" den A5000.

Und noch eine Anmerkung: Auch der erste A305 konnte mit RISC OS 3.1 und ARM 3 CPU ausgestattet werden. Acorn legte viel Wert darauf, das die vom Käufer getätigten Investitionen auch langfristig sicher waren.

1994 kam dann etwas ganz Neues. Acorn stellte den "RiscPC 600" vor. Dieser Computer stellte Acorns neues Design dar. Als CPU diente der "ARM 610" mit 30 MHz. Neu war auch der Grafikchip VIDC 2, welcher bis zu 2 Mb VRAM nutzen konnte. Und auch der alte Flaschenhals RAM konnte nun bis maximal 256 Mb erweitert werden. RISC OS lag nun in der Version 3.5 vor. Aber das Highlight waren damals die zwei CPU-Kartensteckplätze. Ein Steckplatz ist immer mit einer ARM-CPU bestückt, aber der Zweite kann z.B. eine x86-Kompatible CPU aufnehmen. Und so gab es denn auch CPU-Karten mit AMD K5 und TI 486SX CPUs.

Leider liest sich das Ganze besser als es ist. So bringt es nichts eine zweite ARM-CPU einzubauen, da RISC OS bis heute keine zweite CPU unterstüzt. Und für Leistungstarke x86-CPUs ist zum einen der Bus zu langsam und zum zweiten ist die maximale Leistungsaufnahme des Steckplätze zu gering. Aber ein schöner Versuch war es trotzdem, und wer sich mit wenig zufrieden gibt, kann Win95 auf einem RiscPC laufen lassen. Und wer weiß, vielleicht ist RISC OS ja eines Tages Multiprozessor fähig?

Dennoch ist der RiscPC bis heute der erfolgreichste Acorn.

1995 kam dann der "RiscPC 700" mit "ARM 710". RISC OS lag in der Version 3.6 vor und ist mittlerweile auf 4 Mb ROM angewachsen.

Im gleichen Jahr erschien auch der "A7000". Als CPU dient hier der "ARM 7500", welcher wie der ARM 250 wieder CPU, Memorycontroller sowie Sound- und Grafikchip in sich vereint. Ferner fehlen dem A7000 CPU-Kartensteckplätze und VRAM. Dieses Design ermöglicht einen günstigen Preis und so konnte der A7000 den A3020 in den Schulen ablösen.

1996 war dann das Jahr für den "RiscPC SA". Waren Mainboard sowie Grafik- und Soundchip im wesentlichen immer noch auf dem Stand von 1994 wurde als CPU nun aber eine "StrongARM SA110" verwendet. Anfangs mit 202 MHz, dann mit 233 MHz getaktet, stellt diese CPU für die RiscPC bis dato die obere Leistungsklasse. RISC OS selber lag nun in der Version 3.7 vor.

Ferner erschien der der "A7000+" als Nachfolger des A7000. Der ARM7500 wurde durch einen "ARM7500FE" abgelöst, welcher neben einer etwas höheren Taktfrquenz nun auch eine FPU enthält.

Mittlerweile hatte Acorn erkannt, das die RiscPC technisch nicht mehr auf dem neuesten Stand waren und so wurde an einem Nachfolger gearbeitet.

Im Sommer 1998, kurz bevor der Nachfolger namens "Phoebe" (aka RiscPC II) der Öffentlichkeit vorgestellt werden sollte, gab Acorn das Computergeschäft auf. Man wollte sich der Entwicklung von Technologien widmen, da dies profitabler sei als der Vertrieb eigener Systeme.

Die Firma "Castle Technologies", welche schon kurz vorher den Vertrieb der Computer übernommen hatte, schloss mit Acorn einen Vertrag über die Herstellung der Computer ab, so daß diese von Castle mit dem Acorn Label vermarktet werden.

Kurz darauf ging Acorn in "E14" auf, und die Rechte für RISC OS wurden an "Pace Micro Technology" verkauft.

Daß RISC OS dennoch nicht am Ende ist ist in erster Linie einigen Entusiasten zu verdanken. Zuerst wurde daran gedacht die Phoebe in eigener Regie weiter zu entwickeln und zu vermarkten ("Project Pheonix"). Dieses scheitere aber an verschiedenen Umständen, und so beschloss man sich auf die weitere Entwicklung von RISC OS zu konzentrieren. Also wurde das fast fertige "RISC OS 4" aus der Phoebe von Pace lizensiert und fertiggestellt. Zu diesem Zweck wurde "RISCOS Ltd." ("ROL") gegründet.

Im September 1999 wurde dann "RISC OS 4.02" für RiscPC und A7000(+) vorgestellt und auf den Markt gebracht.

Dieses Engagement hat auch einigen Herstellern Mut gemacht. So haben die Firmen "MicroDigital" und "Risc Stations" eigene RISC OS-Kompatiblen Computer entwickelt und auf den Markt gebracht.

Einen bedeutsamen Sprung nach vorne hat die Firma Castle Technologies hat zum Ende des Jahres 2002 gemacht und, mit einem Paukenschlag, den "iyonix pc" auf den Markt gebracht. Ein vollkommen neuer RISC OS Rechner mit einer 600 MHz XScale CPU von Intel, PCI-Steckplätzen und RISC OS 5. Und als ob dies nicht genug wäre hat Castle Technologies Ende 2003 dann auch gleich alle Rechte an RISC OS von Pace übernommen.

Aber keine Medallie ohne zwei Seiten: RISC OS 4.x (und älter) läuft nur auf Rechnern mit einer CPU, welche noch über einen 26 Bit Modi verfügen - dies sind alle CPU bis zum Strong-ARM einschliesslich. Der XScale im iyonix pc verfügt nicht mehr über diesen 26 Bit Modi. Daher musste Castle eine eigene Version entwickeln, namentlich RISC OS 5. Leider sind beide Versionen nicht vollständig kompatibel zueinander und so wie es derzeit aussieht scheinen sich ROL und Castle Technologies auch nicht einig zu werden, beide Zweige zusammenzuführen...
Zum Glück sind die Softwarehersteller flexibler und so laufen alle aktuellen und wichtigen Programme auf beiden Plattformen

Ansonsten hat es softwareseitig in den letzten zwei Jahren eine starke Konzentration gegeben. So haben sich einige Hersteller aus dem RISC OS Markt zurückgezogen. Glücklicherweise aber hat sich für deren Produkte zumeist ein alteingesessener anderer Hersteller gefunden, der diese Programme unter seine Fittiche genommen hat und weiterpflegt.

Alles in allem ist die Situation sicher nicht die Beste, aber wirklich schlecht ist sie auch nicht. Und die Qualität reisst da viel wieder raus, da kann man die eine oder andere Schwäche gut verschmerzen.